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Bedeutung und Sprachvergleich

So lautet die Kapitelüberschrift des 8ten Kapitels in Sebastian Löbners Semantikeinführung. Er geht darin exemplarisch auf einige Aspekte ein, die die Position des Strukturalismus noch ein Mal zur Diskussion stellen. Denn nach dem Strukturalismus ist jede Sprache in sich abgeschlossen. Diese Annahme möchte Löbner gerne auf die Probe stellen. Gibt es große Unterschiede, fragt er, oder

“[s]ind alle Sprachen doch im Wesentlichen gleich und erlauben es, dasselbe auszudrücken, über dieselben Dinge zu kommunizieren, nur eben auf die ihnen jeweils eigene Art und Weise?” (S. 230)


Im Unterkapitel 8.1 Übersetzungsprobleme erläutert Löbner, auch an Beispielen, wieso es in verschiedenen Sprachen keine vollständige Übereinstimmung von Lexembedeutungen gibt und es daher sehr oft zu Übersetzungsproblemen zwischen Sprachen kommt (vgl. 230f.). So gibt es z. B. Eigenarten des Japanischen, die dazu führen,

“dass direkt übersetzte Dialoge im Deutschen in vielen Fällen grob inadäquat, teilweise sogar ungrammatisch wirken würden. Wenn sich dagegen die Übersetzung um Formulierungen bemüht, die für deutsche Ohren normal klingen, so geht fast vollständig verloren, wie im Japanischen durch die Wahl von Anredeformen und Selbstbezeichnungen der soziale Umgang zum Ausdruck kommt” (S. 234).

Die Problematik der Übersetzung ist jedoch nur eine Hinleitung zu der vertiefenden Analyse unterschiedlichen Sprachverstehens im Unterkapitel 8.2 Internationale Kopfschmerzen. Dort schildert Löbner, wie in 6 verschiedenen Sprachen nicht nur das Satzmuster variiert, sondern schildert ergänzend dazu eine Besonderheit des Japanischen. In dieser Sprache gibt es so genannte Evidentiale. Sie werden als Suffix an den Verbstamm gehängt und drücken etwas aus, das es in vielen anderen Sprachen so nicht gibt, nämlich die Unterscheidung von Wissen aus erster oder zweiter Hand. Ein Japaner unterscheidet sehr genau, er nimmt an, dass er nicht in der Lage ist, unmittelbar davon wissen zu können, wie jemand anderes sich fühlt oder denkt. Aus diesem Grund drücken die Evidentiale in einer bald konjunktivischen Bedeutungsnuance die Möglichkeit des Vorhandenseins aus, nicht aber eine direkte Annahme (vgl. S. 239ff.).

Der Strukturalismus, hieß es zu Beginn, betrachte die Sprache als abgeschlossenes System. Demnach ließe sich das strukturalistische Verständnis dem Pol des Relativismus zuordnen, den Löbner im Unterkapitel 8.3 Relativismus und Universalismus beschreibt (vgl. S. 241). Die in der Überschrift genannten Paradigmen, Relativismus auf der einen Seite und Universalismus auf der anderen, können als zwei Pole einer Skala betrachtet werden, auf der irgendwo die Antwort auf die Frage, ob Sprachen sich unterscheiden oder ähneln, verortet werden muss. In Kapitel 8.4 führt Löbner eine Analyse von Farbbezeichnungen von Berlin und Kays an. Die Ergebnisse dieser und weiterer Analysen lassen den strukturalistischen Denkansatz in neuem Licht erscheinen wie Löbner in seinen Schlussfolgerungen angibt (vgl. S. 250).

“Die Ergebnisse zeigen [z. B., AT], dass der Arbitrarität des Lexikons Grenzen gesetzt sind. Dennoch können sich Sprachen beträchtlich unterscheiden” (ebd.).

Löbner formuliert seine Schlüsse noch etwas ausführlicher, doch darauf möchte ich an dieser Stelle nicht noch eingehen.

Löbner, Sebastian, 2003: Semantik. Eine Einführung. - Berlin u. New York: de Gruyter.

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